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Der erste Fisch der Saison

Ein nicht ganz ernstgemeintes Statement.




 

Ich habe das grosse Glück, auch in einem kleinen Gewässer im nahen Deutschland fischen zu dürfen. So beginnt für mich und meine Pachtkollegen die Forellensaison 14 Tage früher als in Luxemburg. Wir hatten uns vorgenommen, gleich am ersten Wochenende nach dem 15 März das Gewässer anzufischen, wie es dort heisst.Aber Petrus schien etwas dagegen gehabt zu haben und öffnete die Himmelschleusen, sodass, unser Anfisch-wochenende ins Wasser fiel.  


Als frischgebackener Pensionär habe ich besseres Wetter abgewartet und mein Glück alleine, Mitte der Woche gesucht denn nun war das Gewässer wieder fischbar, wie es so schön heisst.

Zuhause habe ich meine Watschuhe in die Regentonne getaucht, auf dass sie weich und formbar werden und meine Wathose und meine Veste ins Auto gelegt.  Ohne lange zu überlegen, griff ich nach der erstbesten Fliegenrute aus meinem mittlerweile auf etwa 40 Ruten angewachsenen Arsenal.Ich habe sogar daran gedacht, meine automatische Fliegenrolle mit Ballistol, einem biologisch abbaubaren Öl zu behandeln, damit sie nicht versagt und startete Frohgemut.


Vor das Angeln haben die Götter den gültigen Angelschein gelegt, so dass ich die, an unserem Gewässer nahegelegene Verbandsgemeinde aufsuchte, um meinen blauen Schein zu verlängern. Voller Tatendrang stürmte ich in die Amtsstube, aber mein Elan wurde auf dem Fuss gebremst, denn, es wurde mir mitgeteilt, dass ich einen Termin beantragen müsse, um eine Verlängerung zu erwirken. So blieb mir nichts anderes übrig, als 25 km zum nächsten Amt zu fahren, hier war man weniger bürokratisch.

Es konnte nur noch besser werden.

So kam ich später ans Wasser als erwartet und habe mich sogleich in meine über den Winter scheinbar etwas geschrumpfte Wathose gezwängt und bin in die frisch gewässerten Watschuhe geschlüpft. Schnell wurde die teure 10 Fuss lange Master-Nymph Rute der Klasse 2 montiert, und die frisch geölte Vivarelli Rolle befestigt, leider hatte die Schnur über den Winter etwas gelitten, denn sie erschien mir etwas brüchig... egal, ich konnte das sprudelnde Wasser bereits riechen und nichts konnte mich mehr zurückhalten.


Im Rausch torkelte ich über die Steine ans Wasser, und die ersten Schritte im sehr kalten Wasser waren beschwerlich, die Steine schon fast lebensgefährlich glitschig,

mir scheint, es wird langsam Zeit für einen Watstock.

Es gelingt mir dann doch mich für den ersten Wurf zu positionieren, und die schwere Nymphe fliegt, als wenn sie es nicht erwarten könnte, ins gelobte Wasser.

Die Schnur ist gestreckt, ich bin zufrieden, ich kann es immer noch.


Ich versuche den Gewässergrund abzufischen, denn ich weiss, dass im Frühjahr die Fische oft noch träge am Grund stehen und keine überflüssige Energie verschwenden. Ich verfolge den Bissanzeiger aufmerksam, halte die Schnur gestreckt, hatte ich es schon erwähnt, ich kann es immer noch.


Das letzte Exemplar.

Swirmy Wormy

Jetzt fische ich schon 5 Minuten, und hatte immer noch keinen Biss. Sollte es an der Fliege liegen? Bestimmt!

Es ist an der Zeit für meine Geheimwaffe, den Squirmy Wormy. Also schnell, die Fliegendose geöffnet, aber leider hatte ich in freudiger Erwartung, die falsche Fliegendose eingesteckt. Mist, denke ich, und als ich die Fliegendose in die Veste zurückstecken will, sehe ich ihn… den perfekten Wormy.

Scheinbar war ein Exemplar am Schluss der vergangenen Saison aus der Fliegendose gefallen und hatte es sich über den Winter in meiner Anglerveste versteckt.

Was habe ich doch ein Glück!

Schnell ist das kostbare Exemplar mittels doppeltem Clinchknoten am Vorfach befestigt.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Baches sehe ich den perfekten Pool. Das ganze Wasser aus der flussaufwärts liegenden Rausche fliesst in ihn hinein. Wenn es einen Fisch gibt, dann sitzt er hier.

Abermals fliegt die Zaubernymphe in einem perfekten Winkel aufs Wasser. Der Bissanzeiger ist gestreckt…jetzt oder nie. Da, der Bissanzeiger stoppt, Anhieb, Widerstand, nichts bewegt sich. Sollte ich eine fette Barbe erwischt haben? Ich ziehe an der Schnur, gehe vorsichtig näher ran, da sehe ich ihn, den fetten Ast, gut verkeilt unter Steinen und mit nichts zu bewegen. Wütend ziehe ich fester am Vorfach, woraufhin die 12er Fluocarbonschnur den Geist aufgibt und meine allerbeste Fliege auf immer verschwindet.


Schnell besinne ich mich auf meine Qualitäten, und suche eine neue Nymphe aus meiner 990 Fliegen fassenden Box, befestige sie und werfe ein. Die Schnur schwingt nach hinten, ich beschleunige die Spitze meiner Rute und warte darauf, dass der Köder im Wasser landet, doch nichts geschieht.

Ich schaue nach oben und kann die Nymphe leicht baumelnd in einem Ast einer mit zarten Knospen ergrünten Erle entdecken. So öffne ich abermals meine mittlerweile 989 fassende Fliegenbox und wähle eine blaue Nymphe. Diese Nymphe fing immer gut, wenn die Forellen noch dumm und träge waren. Also, auf ein Neues.


Man lernt nie aus.

Ich nähere mich der Rausche, mittlerweile schaue ich vor dem Auswerfen in alle Richtungen, und treffe wie gewünscht. Die Blaue ist sehr schwer, ich fühle ihre Drift durch die Schnur, ich spüre, wie sie über den Grund holpert, aber kein Fisch lässt sich täuschen. Also werfe ich erneut aus und lasse sie noch länger dümpeln, zu lange, denn nun hängt sie am Grund. Die Rute biegt sich durch, das Vorfach reisst, so muss ich meine nunmehr 988 fassende Fliegenbox erneut erleichtern. Es wäre doch gelacht, wenn heute nichts geht, denke ich. Einem Reiher gleich, durchs Wasser schleichend, manchmal auch einem Tölpel ähnlich über die glitschigen Steine stolpernd bewege ich mich am und im Bach voran. 20 Meter, 50 Meter, 100 Meter…nichts.


Tausend Gedanken spucken in meinem Kopf.

Ist das Wasser noch zu kalt, zu hoch, zu schnell, zu trüb, zu klar?

Wurde über den Winter illegal gefischt?

Haben die Kormorane und Gänsesäger alles leergefressen?

Was kann ich ändern, was muss ich ändern, soll ich noch feiner Fischen?

Wieso habe ich die falsche Fliegenbox eingesteckt?

Wieso habe ich die Masternymph Rute genommen und nicht die Adams?


Bestimmt sind im unteren Teil der Strecke mehr Fische und fahre mit meinem Pkw an den vermeintlich vielversprechenderen Platz.Und los geht’s, ich nehme eine neue Fliege aus meiner mit mittlerweile 981 Fliegen gefüllten Box und beginne aufs Neue. 20 Meter, 50 Meter, 100 Meter , 200….Biss!

Ein Fischlein zappelt an der Rute. Eine etwa 17,6 cm kleine Äsche hat meine ultraleichte Nymphe genommen. Ich krame den Kescher hinter meinem Rücken hervor und versuche dem Fisch habhaft zu werden. Doch vergebens, mangels Übung kann sich der Fisch von der widerhakenlosen Nymphe befreien und verschwindet im 7 Grad kalten Wasser auf Nimmerwiedersehen.


Gerne hätte ich ein Bild meines ersten Fisches der Saison gemacht, aber egal, er wird noch lange in meinem Gedächtnis bleiben.


Claude

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